Bewegung in der Meisterfrage
Wenn nicht München, dann Mannheim – so schien sich die Meisterfrage in der Deutschen Eishockey Liga seit dem Jahr 2015 zu gestalten. München mit den Millionen seines Besitzers Red Bull und Mannheim, der SAP-Gründerfamilie Hopp nahestehend, setzten sich wirtschaftlich ab. Und sportlich. Dass 2021 der EHC München im Viertel- und die Adler Mannheim im Halbfinale ausschieden, war auf die speziellen Umstände der Coronasaison zurückgeführt worden. In den Playoffs wurde statt Best of Seven nur Best of Three gespielt – was Adler-Trainer Pavel Gross noch heute aufwühlt. 2020/21 stand also im Scheitern der beiden Topfavoriten – vielleicht hat man den Klub, der im Jahr der leeren Hallen Meister wurde, nicht so richtig wahr und ernst genommen. Doch wer hat sich nun an die Spitze der DEL gesetzt? Die Eisbären aus Berlin.
Münchens Hammer-Kalender
Wieder ist man versucht, die Berliner Spitzenposition dadurch zu erklären, dass bei Mannheim und München was nicht stimmt. Tatsächlich ist das so: Beide hat eine Corona-Welle erwischt und die Kader vorübergehend massiv reduziert. Beide hatten auch noch in der Champions League zu tun, die Adler zu ihrem Unglück, während das Virus sie schwächte, die Münchner handelten die Pandemie zwischen Vorrunde und Achtelfinale ab – und stehen nun sogar im Halbfinale des internationalen Wettbewerbs. Was ihnen neben einigen nachzuholenden Spielen, die wegen Corona verschoben worden waren, aber einen Hammer-Terminkalender beschert. Kurzer Einblick in die erste Woche des neuen Jahres: 2. Januar in Wolfsburg, 4. Januar Champions League gegen Tappara Tampere aus Finnland, tags darauf DEL-Heimspiel gegen Ingolstadt, 7. Januar gegen Straubing, 9. Januar in Köln und gleich Weiterreise nach Tampere zum Rückspiel (11. Januar). Auch in der berühmten und strapaziösen NHL geht es nur selten so zu.
Edler Kader
Die Eisbären Berlin haben sich in der Champions Hockey League nicht mit Ruhm bekleckert. Früh in der Vorrunde waren sie perspektivlos. Egal, volle Konzentration auf die DEL. Und plötzlich erkennt man, dass das ein ziemlich edler Kader ist, der sich oben festgesetzt hat. Für die Tore und Scorerpunkte sorgen der Amerikaner Matt White, Leo Pföderl mit seinen unvergleichlichen Handgelenksschüssen, Marcel Noebels, der schon zweimal DEL-Spieler des Jahres wurde. Man dachte, Noebels und Pföderl würden nach dem Weggang ihres jungen kongenialen Mitspielers Lukas Reichel in die NHL nicht mehr so gut funktionieren, doch Reichels Part hat der Kanadier Blaine Byron übernommen. Vor einigen Wochen haben die Eisbären noch den Dänen Frans Nielsen geholt. Zwar schon 37 Jahre alt, aber gesegnet mit Erfahrung aus der NHL.
Anschutz schaut genau hin
Die Verbindung nach Nordamerika ist eng – nicht nur über Trainer Serge Aubin, der in seine motivierenden Sätze das typische „fucking“ verpackt. Die Eisbären gehören zur Anschutz Entertainment Group, die auch die Los Angeles Kings besitzt. Mit dem Standort Berlin war Anschutz bis 2013 hochzufrieden: Von 2007 an waren die Eisbären in sechs Jahren fünfmal Deutscher Meister geworden. Danach verloren sie den Anschluss – und Anschutz schaute zuletzt wieder genauer darauf, was in Berlin so getrieben wird.
Nach acht Jahren wurde im Mai wieder ein Titel gewonnen. Und wohl nicht aus Zufall. Wie Torhüter Mathias Niederberger sagt: „Die Meisterschaft hat mir das Gefühl gegeben, dass ich den Code geknackt habe."