Munter dem fünften Jahrzehnt entgegen
Die vielleicht größte Geschichte des Eishockeys aller Zeiten ist die des vor fünf Jahren verstorbenen Gordie Howe. Der Kanadier, der „Mister Hockey“ genannt wurde, schaffte es, sich so lange in seinem Sport zu halten, dass er mit seinen beiden Söhnen Mark und Marty in einer Mannschaft zusammenspielen konnte. Erst mit 52 Jahren setzte er sich zur Ruhe, 1980 war das. Eine Nummer kleiner gab es das auch in deutschen 2. Liga beim EC Bad Tölz, wo der frühere Rekordnationalspieler Lorenz Funk sich Ende der 80er-Jahre, als er etwas über 40 war, vom Trainer zum Spielertrainer wandelte und eine Angriffsreihe mit seinen Söhnen Lorenz junior, heute in der DEL Chef der Abteilung Spielersicherheit, und Florian bildete. Familienzusammenführung – im immer schneller und athletischer werdenden Eishockey der Jetzt-Zeit kaum noch zu realisieren. Trotzdem: Einige spielen sich munter dem fünften Lebensjahrzehnt entgegen und beweisen: Eishockey kann ein Alterssport sein.
Das Spiel wandelt sich – gut für Reimer
Gerade liegt die Liga Patrick Reimer zu Füßen. Der hat 2003 als Profi angefangen und nun die 1000-Spiele-Marke erreicht. Nebenbei ist er bester DEL-Scorer ever geworden mit über 800 Punkten, hat kürzlich den bis dahin amtierenden Daniel Kreutzer abgelöst. In der Liga trifft Reimer inzwischen auf Spieler, die noch nicht geboren waren, als er sein erstes Tor in der höchsten Spielklasse erzielte. Leicht hatte er es in seinen Anfängen nicht. „Schnell und klein“, sagte Uwe Krupp mal über ihn, und das war die Erklärung, warum er in seiner Zeit als Bundestrainer (2005 bis 11) nicht so überzeugt war von dem Stürmer aus dem Allgäu. Im damaligen Eishockey war Größe ein wesentliches Kriterium. Doch das Spiel wandelte sich, und Reimer passt gut dazu. 2018 gehörte er zum deutschen Olympia-Silber-Team, danach hörte er mit der Nationalmannschaft auf und konzentrierte sich auf seinen Verein, die Nürnberg Ice Tigers. Am 10. Dezember feiert er seinen 39. Geburtstag – und ein Ziel im Eishockey hat er immer noch: Deutscher Meister zu werden. Das gelang ihm weder mit Düsseldorf (bis 2012) noch Nürnberg (seitdem). Er gibt den Traum nicht auf, auch wenn sein Team nicht mal ein sicherer Playoff-Kandidat ist.
Bessere Chancen als im Fußball
Doch man kann – siehe das Beispiel Ingolstadt 2014 – auch als Neunter zum Titel durchstarten. Und weil nicht jedes Jahr einer der beiden Granden, Mannheim oder München, Meister wird, sondern auch mal Berlin (2021), ist der Traum realistischer als im Fußball, wo es nur über einen Verein geht. Selbst Wolfsburg stand viermal im Finale. Und wenn’s mit dem großen Coup nicht dieses Jahr klappt, dann eben im folgenden. Auch Philip Gogulla zählt zu den ewigen Pokaljägern. Der gebürtige Düsseldorfer lebte, von einem Nordamerika-Jahr abgesehen, stets in seiner Heimatstadt – auch als er für den Rivalen Kölner Haie spielte. Vor zwei Jahren schließlich ist er erstmals richtig umgezogen. Nach München. Weil er dort die Chancen auf die Meisterschaft, die er noch nicht erlebte, am höchsten einschätzt. Bisherige Bilanz: Abbruch der Corona-Saison 2020, Viertelfinal-Aus 2021.
Über 900 Spiele hat Gogulla schon absolviert. Läuft ihm die Zeit davon? Noch nicht. Für einen Spieler mit so vielen Einsätzen ist Gogulla fast noch ein Jungfuchs. 34. Der Traum hat eine Chance.