Der Vorsatz: Nicht transferieren
Es war der schwerste Sommer aller Zeiten, der hinter den Klubs der Deutschen Eishockey Liga (DEL) liegt. Und der schwerste Herbst kam auch noch dazu. Erst am 17. Dezember war die Saison 2020/21 losgegangen. Die Vereine mussten erst die Finanzierung eines Spielbetriebs sichern, in dem die Zuschauer- und Spieltagseinnahmen fehlen werden. Im Wesentlichen halfen neben den Gesellschaftern die Spieler durch den Verzicht auf bis zu 60 Prozent ihrer Gehälter, dass der Puck eingeworfen werden konnte und alle 14 Klubs an den Start gingen. Die Chefs und Geschäftsführer fassten den Vorsatz, möglichst ohne Nachverpflichtungen und mit den Bestandskadern durch die nächsten Monate zu kommen.
Was verdient mein Nebenmann?
Hintergrund: Man wollte weiter sparen und den Spielern, die Verzicht übten, nicht plötzlich neue Mitspieler in die Kabine setzen. Nicht dass der Akteur, der schon länger da ist, ins Grübeln kommt: Was wohl mein neuer Nebenmann verdient? Mehr als ich? Bei den Krefeld Pinguinen kam es darum zu einem größeren Rumoren, als für das Vorbereitungsturnier um den MagentaSport Cup im November eine Reihe Testspieler verpflichtet wurde. Eine Politik, die keiner verstand.
Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
Seit gut zwei Monaten läuft der Punktspielbetrieb in der DEL erstaunlich reibungslos, die Corona-Fälle sind überschaubar, die Liga liegt in ihren Terminvorgaben. Doch mittlerweile sind die meisten auch wieder auf dem Spielermarkt unterwegs, als wären sie inmitten einer normalen Saison. Fast alle haben Nachverpflichtungen getätigt und ihr ursprüngliches Aufgebot aufgerüstet. Verletzungsbedingte Ausfälle, sportliche Schwäche oder einfach die Verlockung, bei einem Transfer auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis zu kommen – einen Grund gibt es immer, sich einen Neuzugang zu gönnen. Was man so hört, wird das in den Kabinen kontrovers diskutiert, wenn ein neuer Spieler hereinspaziert. „Für den war Geld da“ versus „Dieser Spieler wertet uns auf, wir werden dank ihm öfter gewinnen, besser dastehen und ich eine höhere Prämie verdienen“. Wie die Mannschaften mit diesen Situationen umgehen, kann über ihren Erfolg mitentscheiden.
Aus China geflohen
Der vorjährige Hauptrundensieger München, der allerdings auch keine finanziellen Sorgen hat, verpflichtete schon drei Spieler aus Nordamerika nach, zuletzt den 38-jährigen Andrew Ebbett, der fast ein Jahr kein Spiel mehr bestritten hat. Der große Widersacher Adler Mannheim hat auf je einer Verteidiger- und Stürmerposition nachgelegt, die Neuen sind Kanadier, die zuletzt in Schweden und Tschechien gespielt haben. Die Eisbären Berlin verloren einen Norweger nach Österreich, holten aber dafür einen Kanadier, Simon Despres, der nach einem Jahr in Schweden seit März auf einen Anschlussjob gewartet hatte. Wie international der Markt ist, zeigt der Fall des Amerikaners Danny Kristo, der sich auf das Abenteuer eingelassen hatte, für das in Russland mitspielende Pekinger Team Kunlun Red Star aufzulaufen. Weil er die nahende Vereinsamung spürte, reiste er nach Deutschland, fand Unterschlupf bei einem Kumpel in Crimmitschau und schließlich einen DEL-Klub mit den Augsburger Panthern. Für die wäre ein Spieler seiner Kategorie normal nicht erschwinglich – durch Corona sinken die Preise.
Noch sind Transfers möglich, das Fenster hat im Eishockey länger geöffnet als im Fußball. Und noch hat kein Klub seine Importstellen alle besetzt. Die nächste Transfermeldung kommt bestimmt.