Wenn die Nummer eins abreisen muss
Auf Joacim Eriksson konnten sich die Schwenninger Wild Wings verlassen. Der Schwede war ein Torwart-Rückhalt, wie man ihn sich wünscht. 93,39 Prozent der Schüsse auf seinen Kasten fischte er weg – mehr als jeder andere. Die Quote wird wohl stabil bleiben. Denn Eriksson ist nicht mehr da. Weil seine Mutter in der Heimat Schweden schwer erkrankt ist, haben die Schwenninger ihn freigestellt. Das ist menschlich. Doch die Wild Wings könnte es den Playoff-Platz kosten. Dass sie so gut im Rennen lagen, hatten sie auch ihrem Torsteher zu verdanken.
Familie geht immer vor
Schicksale machen vor dem Sportbetrieb nicht Halt. In der vorigen Saison musste das Kurt Kleinendorst erfahren, der damals den ERC Ingolstadt trainierte. In Nordamerika hatte sein Bruder einen schweren Arbeitsunfall, an dessen Folgen er letztlich verstarb. Verständlich, dass er zu seiner Familie wollte und einige Zeit weg war. Wie in diesem Jahr Keith Aulie, kompromissloser Verteidiger beim EHC München. Von einem „familiären Schicksalsschlag“ sprach Vereinsmanager Christian Winkler. Nach Wochen in Kanada ist Aulie zurück in München, musste aber erst durch eine häusliche Quarantäne, ehe er sich seiner Mannschaft zum Training anschließen durfte. In die Form, die ihn für das Team wertvoll macht, muss er auch noch kommen.
24 Coronatests in 28 Tagen
Überhaupt: Die Corona-Pandemie kann jederzeit alles über den Haufen werfen. Mit Bange blicken die Klubs auf die Testreihen, in manchen Mannschaften wurden 24 Tests in 28 Tagen gezählt. Bei positiven Fällen im Eishockey sind die Gesundheitsämter schnell mit einer Quarantäne-Anweisung zur Hand. In Wolfsburg hat man das gesehen: Während bei den Bundesligafußballern des VfL nach und nach der halbe Kader infiziert wurde, genügte bei den Grizzlys ein paarhundert Meter weiter ein positiver Test, um die ganze Mannschaft erst mal nach Hause zu schicken. Die Begründung für die konsequentere Behandlung der Eishockeyspieler: Indoorsport, leichtere Übertragung im gekühlten Raum als auf dem Rasenplatz, über den der Wind weht.
Monsterprogramm nach Quarantäne
Die DEL hatte prozentual weit weniger Fälle als der Fußball. Die meisten eigentlich bei Spielern aus Kanada und den USA, bevor diese zu ihren Teams stießen, „da haben wir einige abgefangen“, so DEL-Spielbetriebsleiter Jörg von Ameln. Manchmal schleicht sich das Virus aber ein. Zuletzt geschehen bei den Iserlohn Roosters. Ein Fall, Teamquarantäne, zwei Spiele, die fürs Osterwochenende angesetzt gewesen wären, verschoben. Und neu terminiert. Sodass Iserlohn nun den anspruchsvollsten Restspielplan von allen Teams hat: Acht Spiele in zwölf Tagen. Zweimal „back to back“, wie das in der Fachsprache heißt: Spiele an aufeinanderfolgenden Abenden. Etwas, das bei Weltmeisterschaften ab und zu vorkommt, im DEL-Betrieb aber neu ist.
Die Last des "Back to Back"
Nachdem es im ersten Saisonteil mit Spieltagen in den regionalen Gruppen Nord und Süd gemütlich zugegangen war und die Pause zwischen den Partien mehrmals eine ganze Woche betrug, ist „Back to back“ eine andere Welt. Nacheinander in Wolfsburg und Bremerhaven, in Düsseldorf und Iserlohn oder als Team aus dem Norden in München und Augsburg antreten zu müssen, haut auch die Konditionsstärksten um. In diesem Sinn: Auf in die letzten eineinhalb Wochen um die Playoff-Plätze. So unwägbar war es noch nie.