Der alte Slogan passte nicht mehr
Jahrelang liefen die Playoffs unter dem Motto „Geilste Zeit“. Die Fans stürmten die Hallen, sie zahlten erhöhte Preise, standen stundenlang Schlange für die Tickets. Die Spieler rasierten sich nicht mehr, ließen die Bärte wuchern. Doch können die Playoffs in diesem Corona-Jahr 2021 die Kriterien erfüllen, um als derart prickelnd wahrgenommen zu werden? Nein. In leeren Hallen wird es sich anders anfühlen. Die DEL stellt in ihrer Kommunikation ein anderes Krterium nach vorne: Die Playoffs sind nun die „Schnellste Zeit“, denn nach maximal drei Wochen wird der neue Deutsche Meister bekannt sein.
Best of three - Chancen für Außenseiter
Das bewährte Format Bst of Seven passt nicht in den Terminkalender, selbst Best of Five, was vor zehn Jahren noch der Maßstab war, geht nicht mehr. Viertel-, Halbfinale und Endspielserie werden verdichtet auf Best of Three. Wer zwei Spiele gewinnt, ist weiter, wer zwei verliert, draußen- Das gab es bislang nur in der Playoff-Qualifikation der Siebt- bis Zehntplatzierten, die diesmal modusbedingt nicht stattfindet. Man hat also kaum Erfahrungswerte, aber zumindest eine Vorahnung. Nämlich die, dass Best of Three Überraschungen zulassen könnte, die das Best of Seven nahezu ausschließt. „Über sieben Spiele“, sagt der Manager von Titelmitfavorit München, Christian Winkler, „wird sich immer das bessere Team durchsetzen.“
Heißer Torhüter kann eine Serie alleine gewinnen
Oft ist es schon passiert in den Playoffs, dass der Favorit schwer in die Gänge gekommen und mit einer Heimniederlage gestartet ist. Er konnte gelassen bleiben, weil der Außenseiter ja noch drei Spiele gewinnen musste. In der Regel zahlt sich aus, dass das besser besetzte Team kräfteschonender reisen kann und die Spieler über mehr Playoff-Erfahrung verfügen. Im Best of Three ist schon das zweite Spiel ein existenzielles. Das erfordert eine spezielle Herangehensweise. Von „small margin awareness“ spricht Harold Kreis, Trainer der nicht qualifizierten Düsseldorfer EG. Man müsse höchst wachsam sein in einem kleinen Ausschnitt der Saison. „Man muss sich jeder Sekunde bewusst sein“, sagt Don Jackson (München), der mit acht Meistertiteln erfolgreichste Trainer der DEL. TV-Experte Rick Goldmann meint, „dass auch ein heißer Torhüter eine Serie alleine gewinnen kann“.
Was bleiben kann: Spiele bis tief in die Nacht
Gespielt wird, um die Reisebewegungen einzudämmen, ein regionales Viertelfinale. Im Süden kommt es zum oberbayerischen Derby München – Ingolstadt und zur Begegnung von Mannheim mit den Straubing Tigers, die auf den letzten Drücker auf Platz vier gesprungen sind. Die Nord-Duelle lauten Berlin – Iserlohn und Bremerhaven – Wolfsburg. Im Halbfinale spielen Nord- und Südklubs dann gegeneinander.
Unklar, ob sich dieses Eilverfahren anfühlen wird wie richtige Playoffs. Wenigstens das hat sich nicht verändert: Spiele können ultralang werden, denn wenn es nach 60 Minuten unentschieden steht, wird in weiteren Dritteln verlängert, bis das entscheidende Tor fällt. Die guten alten Geschichten vom Zeugwart, der nachts schnell zur nächstgelegenen Tankstelle fährt, um für die Spieler die Restbestände an Schokolade und Energieriegeln aufzukaufen, darf gerne auch in den schnellsten Playoffs der Geschichte geschrieben werden.