Wir werden weniger Bärte sehen
Bis zu den Playoffs ist es noch ein paar Wochen hin. Wenn es um die Deutsche Meisterschaft geht, wollen die Beteiligten besonders entschlossen und grimmig aussehen. Es ist Tradition, dass sie sich dann nicht mehr rasieren, solange sie im Rennen um den Titel sind. Bei manchen wallt es ganz schön im Gesicht. Das könnte 2021 aber anders werden. Denn die DEL, sonst die Zuflucht nordamerikanischer Spieler jenseits der 30, ist zur Liga geworden, in der sich die Teenager tummeln. Und soweit man hinter die Gitter blicken kann, mit der die Unter-18-Jährigen ihre Augen, Nasen und Zähne schützen müssen, stecken dort Milchgesichter. Garantiert flaumfrei auch noch im Frühjahr.
Noch jünger als in der Stützle-Saison
Man dachte ja, die Vorsaison wäre nicht zu toppen. Damals stürmten Tim Stützle, John-Jason Peterka und Lukas Reichel mit 17 die DEL. Ausnahmetalente mit Zukunft in der NHL, beim Ex-Mannheimer Stützle ist der Platz in der nordamerikanischen Profiliga bereits Realität geworden. Dass nun aber gleich 16-Jährige in der DEL auftauchen würden, hatten selbst die Experten nicht erwartet. Jedoch: Die Nürnberg Ice Tigers haben gleich zwei im Kader: Roman Kechter und Moritz Elias. Elias erzielte bereits sein erstes DEL-Tor. Sein 18-jähriger Bruder Florian Elias macht ebenfalls auf sich aufmerksam. Er hat es ins Team der Adler Mannheim geschafft, spielt dort eine gute Rolle – wie schon bei der Junioren-WM in Kanada, wo er mit Peterka und Stützle in einem Sturm auflief und zu den besten Scorern des Turniers gehörte. Bei den Kölner Haien stand mit Leo Hafenrichter diese Saison auch schon ein 16-Jähriger auf dem Eis.
Die Beispiele Sturm und Goc
Das frühe Debüt kann ein gutes Zeichen sein: Marco Sturm, der Silber-Schmied von Olympia 2018, machte in den 90er-Jahren seine ersten DEL-Spiele mit 16. Gleichermaßen Marcel Goc, der inzwischen seine Karriere beendet hat, 1999 in Schwenningen. Sturm und Goc machten Karriere in der NHL – und in die zieht es junge Eishockeyspieler aus Deutschland. Es gibt strahlende Vorbilder wie Leon Draisaitl und Tim Stützle. Doch viele Jahre hatten deutsche Nachwuchsspieler keine Chance gehabt.
Kader werden billiger
„Vor zwei, drei Jahren war ein Spieler unter 20 Jahren noch ein Exot“, blickt Gernot Tripcke, der Geschäftsführer der DEL, zurück. Er sieht nun mit Freude, dass bei den Vereinen – zumindest für diese Saison – ein Umdenken stattgefunden hat. Weil man in leeren Arenen spielen muss und keine Zuschauereinnahmen hat, mussten die Ausgaben für die Spielergehälter gesenkt werden. Ein junger Spieler, der den Routinier ersetzt, macht den Kader billiger. „Es ist sicher der Pandemie geschuldet, dass wir diese Verjüngung haben“, sagt Tripcke.
16 erscheint im Eishockey freilich ein noch jüngeres Alter als im Fußball. Es kommt so gut wie nicht vor, dass ein Teenager schon den gestählten und über Jahre auftrainierten Körper eines ausgewachsenen Spielers hat. Dennoch: In der DEL war 16 immer schon das Eintrittsalter, anders als im Fußball, wo die Bundesliga eine „Lex Moukoko“ für Dortmunds Ausnahmetalent geschaffen hat. „Es gibt bei uns sowieso eine sportmedizinische Untersuchung“, so Tripcke. Auf den Bartwuchs wird dabei nicht geschaut.