Wo der Sünder gefeiert wird
Wer macht das schon: in Badeschlappen und Shorts aufs Eis zu gehen? Scott Valentine, Verteidiger der Augsburger Panther, stellte sich neulich so vor die Fankurve in seinem Stadion, weil die ihn gefordert hatte. Nach knapp der Hälfte des vorangegangenen Spiels hatte er die Ausrüstung schon ablegen können, denn nach einem groben Check war der Abend für ihn mit einer Matchstrafe beendet worden. Doch das Volk liebt ihn halt, und weil das Spiel so emotional war und mit einem 5:4-Sieg in der Verlängerung glücklich endete für die Augsburger, wurde Valentine gefeiert, als wäre er der Matchwinner gewesen. Solch eine Stimmungslage gibt es manchmal im Eishockey – aber eben nur rund um Derbys. Augsburg hatte gerade gegen München gewonnen. Verfeindete Nachbarn, immer schon.
Köln – DEG: Besser als im Geisterspieljahr
Was sich zwischen bayerischen Schwaben und Oberbayern abspielt, ist vor allem eine David-gegen-Goliath-Geschichte und nicht die Mutter aller Derbys. Diese Einstufung ist jedem Treffen von Kölner Haien und Düsseldorfer EG vorbehalten. Dazu kommt es nun endlich wieder – am 13. Spieltag in der DEL. So wie in den 80er-Jahren, als die beiden Riesen vom Rhein die Meisterschaft unter sich ausmachten und Spielertransfers zwischen ihnen ein Politikum waren, ist es heutzutage nicht mehr, doch in der Saison 2021/22 stehen sowohl KEC als auch DEG klar besser da als im Geisterspieljahr davor. Damals verpassten beide die Playoffs, derzeit befinden sie sich auf Kurs dorthin.
Talent gegen Thuresson
Die DEG etwas überraschender noch als die Haie. Der Kader der Düsseldorfer lässt erahnen, dass gespart werden muss, der Klub setzt auf preisgünstiges Talent und die ruhige Ausbilderhand von Coach Harold Kreis. Umgesehen hat man sich auch mal in der DEL2, als neue Spieler gesucht wurden. Köln präsentiert die größeren Namen: Andreas Thuresson etwa. Markante Erscheinung, weil das lange Haar unterm Helm flattert. Und weil der 33-jährige Schwede die Gabe hat, die Mitspieler besser zu machen. Ihn kann auch nichts mehr überraschen nach einer Karriere in der Heimat, in der NHL, in der Schweiz, Russland und sogar in China, wo er für die berühmt-berüchtigten Kunlun Red Star auflief.
Haie-Schnitt fast wie ohne Corona
Köln hat das erste Derby-Heimrecht in dieser Saison. Die Haie haben ihr Publikum im Jahr der leeren Hallen nicht verloren. Noch sind in den meisten Bundesländern die Kapazitäten der Arenen eingeschränkt, doch der Zuschauerzuspruch ist fast wie unter normalen Umständen. An die 9500 Fans beträgt der Schnitt – souveräner Platz eins in der DEL. Jetzt das Derby – könnte Saisonrekord geben.
Auch das Bier ist zurück
Allmählich normalisiert sich der Betrieb. Vor allem in Bayern sind die Regelungen großzügig, was die Auslastung der Hallen angeht. Kurz vor Saisonbeginn rechnete die Mehrzahl der fünf bayerischen Klubs noch damit, nur einen Bruchteil der Sitzplätze nutzen zu dürfen, seit gut einer Woche darf eine Arena unter den Vorgaben der 3 G plus-Regelung voll belegt werden. Masken müssen nicht getragen werden, und es wird wieder Bier ausgeschenkt. Und das ist in Bayern, wo es als Grundnahrungsmittel gilt, vielleicht noch wichtiger als in Nordrhein-Westfalen. Aber Köln – Düsseldorf ist und bleibt das größte Derby.